Medienmitteilung: RĂĽckschritte im Schweizer Finanzplatz

Der Gegenwind in Sachen Nachhaltigkeit hat im Jahr 2025 den Schweizer Finanzplatz erreicht. Mit umsetzbaren und wirkungsvollen Rahmenbedingungen will die Finanzplatz-Initiative diesem entgegenwirken und sicherstellen, dass Schweizer Finanzakteure ihre Geschäftstätigkeiten im Ausland an den internationalen Klima- und Biodiversitätszielen ausrichten.

«Die Entwicklungen auf dem Schweizer Finanzplatz zeigen es: Ohne Verbindlichkeit bleibt Nachhaltigkeit schnell auf der Strecke. Kluge und umsetzbare Rahmenbedingungen – wie sie die Finanzplatz-Initiative vorsieht – schaffen Sicherheit und geben unseren Banken, Versicherungen und anderen Akteuren die nötigen Anreize, ihre Geschäfte zukunftsfähig zu gestalten.»

Sasha Cisar, Sustainability & Sustainable Finance Expert

Blick zurĂĽck

Es begann in den USA: Im Januar 2025 gab JPMorgan Chase bekannt, aus der Net Zero Banking Alliance (NZBA) auszutreten. Weitere grosse Banken wie die britische HSBC oder Barclays folgten. Im August gab dann auch die UBS bekannt, sich aus dem Zusammenschluss von Banken, die sich selbst dazu verpflichtet hatten, ihre Portfolios bis 2050 auf Netto-Null-Treibhausgasemissionen auszurichten, zurückzuziehen. Einen Monat später stellte die NZBA ihre Aktivitäten ein.

Während der Nutzen solcher vage formulierten, auf Freiwilligkeit basierenden Branchenlösungen von kritischen Beobachter:innen schon länger in Frage gestellt wurde, führt der Exodus unmissverständlich vor Augen, wie volatil die Selbstverpflichtungen der Branche sind.

Auch etablierte und glaubwürdige Akteure wie die Science Based Targets initiative (SBTi) sind nicht vor vergleichbaren Entwicklungen gefeit. Kurz nach der Veröffentlichung des neuen wissenschaftsbasierten Standards für die Netto-Null-Zielsetzung bei Finanzinstituten gaben Swiss Re und die Zurich Versicherung bekannt, in Zukunft auf eine unabhängige Validierung ihrer Klimaziele durch die SBTi zu verzichten.

Ziele, deren Einhaltung nicht unabhängig überprüft und rechtlich eingefordert werden, bleiben tote Buchstaben. Doch diese Entwicklungen sind nicht nur aus Gründen der Transparenz ein Rückschritt. Es ist ein verkehrtes Signal aus dem Innern des Schweizer Finanzplatzes, der derzeit weitab von zukunftsfähig ist.

Blick vor die TĂĽr

Mit 86 Milliarden Dollar gehören institutionelle Investoren aus der Schweiz zu den zehn grössten Investoren in fossile Industrien weltweit. Finanzflüsse aus der Schweiz tragen beispielsweise zum Bau klimaschädlicher Flüssiggas-Terminals oder zur Ausweitung der Öl- und Gasförderung bei. Auch der Klimatest des Bundes kommt zum Schluss, dass die von den Finanzunternehmen unternommenen Anstrengungen nicht konsequent im Einklang mit dem Netto-Null-Klimaziel sind.

Wie gravierend die Auswirkungen des hiesigen Finanzplatzes sind, zeigt eine Studie von McKinsey & Company (2022) in Zusammenarbeit mit economiesuisse und WWF Schweiz. Klimastandort Schweiz: Schweizer Unternehmen als globale Treiber fĂĽr Netto-Null.

«Schätzungen zufolge stehen die Investitionen aus dem Schweizer Finanzplatz in Aktien, Unternehmensanleihen sowie die Vergabe von Krediten und Hypotheken mit finanzierten Emissionen von schätzungsweise 700-900 Mt. CO2e pro Jahr – d.h. 14 bis 18 Mal die Inlandsemissionen der Schweiz – in Verbindung.»

Blick nach vorne

Derweil laufen Schweizer Finanzmarktteilnehmende Gefahr, die Chancen der Energiewende zu verpassen. Wie aus einem Bericht von Insure our Future hervorgeht, machen die Versicherungsprämien von Zurich aus dem Geschäft mit fossilen Energien immer noch deutlich mehr als aus jene aus dem Geschäft mit erneuerbaren Energien. Dies während Solar- und Windenergie erstmals den globalen Mehrbedarf an Energie (und mehr!) gedeckt haben (gilt für das erste Halbjahr 2025) und Expert:innen bei der Energiewende jüngst gar von einem Kipppunkt sprechen.

Auch bei den politischen Rahmenbedingungen im Bereich nachhaltiger Finanzen entfernt sich die Schweiz weiter von führenden Ländern wie Grossbritannien, Frankreich, China und Singapur. Die jüngste Ausgabe des SUSREG-Berichts (Sustainable Financial Regulations and Central Bank Activities Assessment) des WWF zeigt, dass insbesondere Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden im europäischen und asiatischen Raum ihr klima- und naturbezogenes Dispositiv verstärkt haben.

Die Finanzplatz-Initiative will diese Entwicklung korrigieren und endlich auch die Finanzbranche in die Verantwortung nehmen. Klimaschutz und der Erhalt der Artenvielfalt mĂĽssen mehr als Aufgabe von engagierten Einzelpersonen und KMUs sein; fĂĽr echten Fortschritt muss auch der Finanzplatz grĂĽner werden.

Kontakt:
Sebastian Obrist
Mediensprecher WWF Schweiz
sebastian.obrist@wwf.ch
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